Marc Unkelbach: Uli, Du machst seit 15 Jahren ästhetische Nasenoperationen – was hat sich in dieser Zeit verändert?
Ulrich Gößler: Nun, es hat eine rasante Veränderung der OP-Technik stattgefunden: Weg von einem sehr handfesten Eingriff mit blauen Augen, Tamponaden und 5 Tagen stationärem Aufenthalt hin zu einem filigranen und präzisen ambulanten Eingriff.
Die OP-Technik hat sich verändert von einer Veränderung der Nasenstruktur in Gänze nach Standardschema zu einer individuell angepassten OP-Technik, die es ermöglicht, jedem Patienten „seine“ individuell gewünschte und passende Nase möglichst genau zu gestalten.
MU: Du gilst als Vorreiter der „Natural Rhinoplasty“ – Was verbirgt sich dahinter?
UG: In den letzten Jahren zeigte sich ein Trend, dass man einer Nase auch „ansieht“, dass sie operiert ist. Das heißt, es wurden viele Dinge übertrieben, also sehr spitze Nasenspitzen, sehr stark geschwungene Nasenrücken etc. angestrebt.
Natural Rhinoplasty beinhaltet für mich, dass man einer Nase nicht ansehen soll, dass operiert wurde, d.h. die Nase soll sich möglichst gut ins Gesicht und die Ästhetik einfügen. Zusätzlich soll nur das Nötigste an den natürlichen Strukturen der Nase verändert werden und soviel wie möglich „erhalten“ werden.
MU: Wie bist Du auf die Idee gekommen?
UG: Zum Einen über die Blickmotorik und Tarnung: Schauen Menschen ein „normal“ konfiguriertes Gesicht an geht der Blick zuerst in die Augen. Nur bei Abweichungen wie z.B. einer auffällig gebauten Nase wandert der Blick zuerst dorthin. Ziel sollte also sein, dass der Blick wieder zuerst zu den Augen wandert. Eine ästhetisch ansprechende und natürliche Nase wird also zunächst nicht unbedingt wahrgenommen und bereitet den Weg für den direkten Blickkontakt.
MU: In wie weit hilft Dir da der Fortschritt in der Medizintechnik?
UG: Durch den technischen Fortschritt wurde die Nasenchirurgie komplizierter aber präziser. Früher befanden sich auf dem OP-Tisch nur einige Meissel, heute sind noch das Ultraschallmesser und ggf. eine Diamantfräse hinzugekommen. Diese Instrumente ermöglichen die wesentlich zielgerichtetere und präzisere Formung der Nasenstrukturen, dies wiederum führt zu wesentlich weniger „invasiven“ Eingriffen und dies wiederum zu weniger schmerzgeplagten Patienten.
MU: Du hast mir neulich von der „Preservation Rhinoplasty“ erzählt, kannst Du das hier noch mal erläutern?
UG: Bei der Rhinoplastik hat sich in den letzten 10 Jahren unglaublich viel verändert. Wo früher immer der Höcker „abgetragen“ wurde und der Nasenrücken aufwendig rekonstruiert werden musste ist es nun möglich, bei vielen Nasenoperationen den natürlichen Nasenrücken zu erhalten und bei der Höckerkorrektur abzusenken, hierbei durchtrennt man aussen und oben die Nasenpyramide und senkt die Nase „als Ganzes“ ab. Dadurch bleibt der Nasenrücken erhalten und das Risiko für Unebenheiten oder Schiefnase ist deutlich reduziert. Zusätzlich entfallen eben aufwendige Rekonstruktionen des Nasenrückens.
MU: Wirklich beeindruckend. Die meisten Chirurgen, die ich kenne, bleiben häufig auf einem einmal gelernten Stand der Operationstechnik stehen und geben dies als Goldstandard aus. Das scheint bei Dir anders zu sein?
UG: Der Weg ist das Ziel. Operationstechniken entwickeln und verändern sich. Heute werden Techniken verwendet wie z.B. der Nasenrückenerhalt, die vor 10 Jahren noch undenkbar gewesen wären. Die Patienten profitieren extrem davon und das Erlernen neuer Techniken bringt Spaß an der Arbeit.